Viele Pflegefachkräfte denken, dass das öffentliche Bild ihres Berufs nicht der Realität ihres Arbeitsalltags entspricht. Komplexität, Facettenreichtum und auch Karrieremöglichkeiten werden ihrer Ansicht nach nicht hinreichend gut dargestellt. Den beruflich Pflegenden ist eine wertschätzende Darstellung ihres Berufs, die auch Komplexität und Professionalität herausstellt, wichtig. Das zeigen auch die Interviews unserer Arbeitsplatz-Studie.
Um auf dieses Imageproblem zu reagieren und neue Menschen für die berufliche Pflege zu gewinnen, hat das Land Hamburg einen spannenden Ansatz gewählt. Unter dem Motto „Das ist Pflege“ ist eine Kampagne entstanden, die die vielen Facetten des Pflegeberufs zeigt. Die unterschiedlichen Tätigkeitsprofile werden in Setting-bezogenen, emotionalen und teils heiteren Videos vorgestellt. „Das-ist-Pflege“ versucht authentisch den Arbeitsalltag beruflich Pflegender zu präsentieren.
Zusätzlich erhielten auch die Arbeitgeber die Möglichkeit sich zu beteiligen: In Zusammenarbeit mit der Sozialbehörde wird Hamburger Pflegeunternehmen so eine Plattform geboten, um sich zu positionieren und mit der Kampagne aktiv Pflegekräfte für ihre Häuser zu werben. Auf diese Weise hilft die Kampagne bereits seit einigen Jahren, verschiedene Probleme in der Branche zu lösen: Sie ist ein Schritt im Kampf gegen den Fachkräftemangel, verbessert gleichzeitig die öffentliche Wahrnehmung des Pflegeberufs und wird so den Wünschen beruflich Pflegender gerecht. Wir haben mit Tim Angerer von der Hamburger Sozialbehörde zu Entstehung und Erfolg der Kampagne gesprochen.
Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer sehr gelungenen Kampagne! Was war Ihr Antrieb bei der Planung und Umsetzung von „Das ist Pflege“?
Tim Angerer: Die Stadt Hamburg engagiert sich sehr aktiv im Bereich der Fachkräftegewinnung. Insbesondere Fachkräfte für sogenannte Engpassberufe wie die Gesundheits- und Pflegeberufe werden dabei adressiert. Mit der Einführung der generalisierten Pflegeausbildung 2019/2020 hat die Sozialbehörde die Gelegenheit ergriffen, um mit der Imagekampagne „Das ist Pflege“ nicht nur über die Umsetzung der generalistischen Pflegeausbildung zu informieren, sondern auch die Vielfältigkeit der Pflegeberufe vorzustellen und zu bewerben. Dabei war uns besonders wichtig, dass mit der Imagekampagne ein zeitgemäßes, realistisches und glaubwürdiges Bild der Pflege als Fachberuf aufgezeigt wird. Dass das so gelungen ist, verdanken wir in erster Linie einigen Pflegekräften aus Hamburg, die wir für die Kampagne gewinnen konnten. Sie erzählen als Botschafterinnen und Botschafter in eigener Sache authentisch ihre Geschichte. Dafür bedanke ich mich an dieser Stelle noch einmal!
Die Videos sind in Zusammenarbeit mit Hamburger Pflegeunternehmen entstanden. Wie haben die Unternehmen sich eingebracht?
Tim Angerer: Die beteiligten Hamburger Krankenhäuser und Pflegeunternehmen haben uns sehr aktiv mit Rat und Tat unterstützt. Die Dreharbeiten konnten so zum Beispiel in den Räumlichkeiten von Pflegeunternehmen stattfinden. Weiterhin haben die Unternehmen potenzielle Protagonisten empfohlen und mit ihrer fachlichen Expertise unterstützt. Das war ganz wichtig, da neben den Pflegekräften als Protagonisten in der Regel auch zu Pflegende in den Filmen mitgewirkt haben. Ein sensibles Setting also, das auch von dem Regisseur und der Filmcrew sehr viel Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl verlangt hat.
Ein Wunsch, der von uns befragten beruflich Pflegenden ist, bei der Erstellung von Kampagnen, die für Ihren Beruf werben, eingebunden zu werden. Sie setzen das mit Ihrer Kampagne bereits seit 2019 um. Wie konnten sich die beruflich Pflegenden einbringen?
Tim Angerer: Die Einbeziehung der Pflegekräfte und -Azubis in die Kampagne war uns von Anfang an sehr wichtig. Zentrales Ziel dabei war, dass sie ihren beruflichen Alltag authentisch und ungeschönt darstellen und ihre persönliche Motivation zeigen, diesen Beruf zu ergreifen. Uns war wichtig deutlich zu machen, dass im beruflichen Alltag nicht immer alles eitel Sonnenschein ist, der Pflegeberuf mit seinen vielen Facetten aber gleichzeitig ein sehr erfüllender Beruf ist.
Wie kommen die Videos aus Ihrer Sicht bei beruflich Pflegenden an?
Tim Angerer: Wir haben sehr viele positive Rückmeldungen über die sozialen Medien von Pflegenden bekommen. Sie finden sich in den Filmen wieder und freuen sich darüber, dass wir die verschiedenen Bereiche der Branche vorstellen. Und: Die Filme motivieren auch diejenigen, die eine Ausbildung in der Pflege begonnen, sie aber nicht zu Ende geführt haben. Sie denken vielleicht noch einmal darüber nach, doch noch einmal durchzustarten.
Was melden Ihnen die Hamburger Pflegeunternehmen zurück? Konnten neue Auszubildenden und Pflegefachkräfte durch die Kampagne gewonnen werden?
Tim Angerer: Die Kampagne „Das ist Pflege!“ ist als reine Imagekampagne angelegt – bewirbt also den Beruf und seine Facetten, ohne jedoch Recruiting zu betreiben oder Werbung für bestimmte Stellen und/oder Arbeitgeber vorzunehmen. Zielgruppe sind in erster Linie Jugendliche in der beruflichen Orientierungsphase, aber auch Eltern und Lehrkräfte als Multiplikatoren sowie potenzielle Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger und Berufsrückkehrerinnen und Berufsrückkehrer.
Die Hamburger Pflegeunternehmen und Krankenhäuser fahren zur Personalgewinnung auch eigene Kampagnen. Daher lassen sich Veränderungen der Ausbildungszahlen in der Pflege sicherlich nicht kausal auf unsere Imagekampagne zurückführen.
Vielen lieben Dank für Ihre Zeit und die Beantwortung unserer Fragen. Wir wünschen Ihnen auch weiterhin viel Erfolg mit „Das ist Pflege“!
Die Kampagne der Hamburger Sozialbehörde macht deutlich: Es ist möglich wertschätzende und erfolgreiche Berufskampagnen im Sinne beruflich Pflegender zu gestalten. Alle Videos und Infos zur Kampagne der Hamburger Sozialbehörde finden Sie unter www.das-ist-pflege.de
Haben Sie noch Fragen oder Anregungen? Sprechen Sie uns gerne an!
Weitere Informationen zu den Erkenntnissen unserer Arbeitsplatz-Studie zur öffentlichen Wahrnehmung des Pflegeberufs finden Sie in unserem Artikel:
Ein besseres Image des Pflegeberufs kann die Arbeitsplatzqualität erhöhen
Bild: ©Sozialbehörde Hamburg