Wir haben in unserer Arbeitsplatz-Studie zur Situation beruflich Pflegender (Los 1: Analyse und Befragungen) festgestellt, dass auch die öffentliche Wahrnehmung des Pflegeberufs Potenziale bietet, zu einer besseren Arbeitsplatzqualität beizutragen. Die gegenwärtige öffentliche Darstellung des Pflegeberufs weicht von der wahrgenommenen Realität der beruflich Pflegenden ab. Beruflich Pflegende wünschen sich, dass ihr Beruf von der Öffentlichkeit als attraktiv wahrgenommen und Pflege als professionelles Handeln anerkannt und wertgeschätzt wird. Wie sich die öffentliche Wahrnehmung des Pflegeberufs aus Sicht der Pflegenden ändern sollte und warum ein gutes Image auch zur Bekämpfung des Fachkräftemangels beitragen könnte, haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst.
Die Außendarstellung des Berufs und die Selbstwahrnehmung beruflich Pflegender klaffen auseinander.
In Einzel- und Gruppeninterviews haben wir beruflich Pflegende zur öffentlichen Darstellung und Wahrnehmung ihres Berufs befragt. Die Einzelinterviews zeigen: Aus Sicht der professionell Pflegenden fehlt es in der öffentlichen Wahrnehmung an einer realistischen Darstellung von Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen im Pflegeberuf. Weder die Komplexität noch der Facettenreichtum oder die Karrieremöglichkeiten werden medial entsprechend der Arbeitswirklichkeit, die beruflich Pflegende erleben, dargestellt. Insbesondere vermissen die Befragten die Darstellung der schönen Seiten des Berufs, wie z.B. die Möglichkeit Menschen zu helfen.
Im öffentlichen Diskurs wird die Pflegetätigkeit laut den Befragten vielfach auf die Begleitung zu Toilettengängen reduziert und damit der Pflegeberuf gesellschaftlich abgewertet. Es fehlt für das Empfinden vieler Pflegender an Anerkennung und Wertschätzung für die Professionalität und Expertise, die notwendig sind, um gute Pflege zu leisten. Viele der Befragten sind stolz auf die professionelle Ausübung ihrer Tätigkeit; aufgrund der wahrgenommenen gesellschaftlichen Geringschätzung vertreten sie diesen Stolz jedoch nicht nach außen. Sie geben an, echte Wertschätzung nur durch Personen zu erleben, die selbst Berührungspunkte mit der Pflege, z. B. durch die Pflege Angehöriger, haben.
In den Gruppendiskussionen und den Einzelinterviews zeigt sich: Die Vergütung wird von vielen Pflegenden selbst nicht als so schlecht wahrgenommen, wie es in der Außenwahrnehmung erscheint. Besonders im Vergleich zu hoch bezahlten Jobs ohne Verantwortung für Menschenleben, wird die Vergütung aber als nicht gut empfunden. Im Fokus der Selbstwahrnehmung beruflich Pflegender sollten ihre Kompetenzen und Fähigkeiten liegen. Die Interessensvertretung der beruflich Pflegenden ist wichtig: in den Einzelinterviews wird fehlender Aktivismus der Pflegenden selbst als Problem benannt, dass sich in der Außenwahrnehmung spiegelt.
Ein gutes Image des Pflegeberufs ist wichtig für Berufseinstieg aber auch für den Berufsverbleib.
Ein negatives Bild von Pflege wird von den Befragten teilweise auch als Grund für Probleme bei der Gewinnung von Fachkräften gesehen. Viele beruflich Pflegende finden Ihren Weg in den Beruf über aktive Berührungspunkte mit der Pflege. Ein negatives öffentliches Bild des Pflegeberufs führt möglicherweise dazu, dass junge Menschen die berufliche Pflege nicht als attraktiven Arbeitsplatz in Betracht ziehen. Die standardisierte Befragung zeigt, dass der Berufseinstieg bei Regeleinsteiger*innen mehrheitlich über ein Praktikum, eine Hospitation oder auch über den Zivildienst/ein freiwilliges soziales Jahr erfolgt. Bei Quereinsteiger*innen verschiebt sich das Bild etwas: etwa zwei Drittel der befragten Quereinsteiger*innen kommen über Praktika oder den Zivildienst in den Beruf, für ein Drittel der Befragten jedoch bilden Erfahrungen mit Pflegebedürftigkeit im persönlichen Umfeld oder auch eigene Pflegebedürftigkeit den Einstiegspunkt in den Pflegeberuf. Auch andere Berührungspunkte zeigen sich in der standardisierten Befragung als wichtig:
- Kontakt mit Leuten, die in der Pflege arbeiten,
- Nebenjobs und Aushilfstätigkeiten,
- Ehrenamt,
- Tätigkeiten im Rettungs-/Sanitätsdienst und
- militärische Erfahrungen im Sanitätsdienst
werden genannt. Um mehr Menschen für die Pflege zu gewinnen, sollten deshalb vorhandene Berührungspunkte besser genutzt und beworben werden. Zusätzlich sollten neue Berührungspunkte ausgebaut und weitere Attraktivitätsfaktoren, wie z.B. Arbeitsplatzsicherheit und gute Verdienstchancen in der öffentlichen Wahrnehmung gestärkt und so das Image des Berufs positiv verändert werden.
In Bezug auf das Image des Pflegeberufs ist auch die Vergütung nicht zu vernachlässigen: Eine attraktive Vergütung im Vergleich zu anderen Berufen wird durch die bereits beruflich Pflegenden als ein Zeichen gesellschaftlicher Wertschätzung gesehen. Besonders für Quer- und Wiedereinsteiger*innen sind Verdienst- und Karrieremöglichkeiten wichtig.
Wie kann die öffentliche Wahrnehmung der Pflege als attraktivem Arbeitsfeld verbessert werden?
Eine bessere öffentliche Wahrnehmung des Pflegeberufs kann dazu beitragen Nachwuchs für die Pflege zu gewinnen und bereits beruflich Pflegende im Beruf zu halten – die möglichen Lösungsvorschläge der Pflegenden zur Veränderung der öffentlichen Wahrnehmung sind vielfältig:
Mit medialen Kampagnen, in denen die Komplexität der Arbeit aber auch der Facettenreichtum des Jobs transportiert wird, kann das Image verbessert werden. Neben dem Arbeitsalltag, sollten auch Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten besser kommuniziert werden. Beruflich Pflegende möchten zum Teil bei der Planung solcher Kampagnen beteiligt werden.
Bestehende Berührungspunkte mit der Pflege sollten ausgebaut, beworben und genutzt, aber auch neue Berührungspunkte geschaffen werden.
Eine gute Vergütung und ein positiv geprägter Diskurs über die Vergütung tragen ebenso zur Bekämpfung des Fachkräftemangels bei.
Um ein positives Bild des Pflegeberufs in der Gesellschaft zu stärken, sollten Politik, Arbeitgeber und beruflich Pflegende gemeinsam aktiv werden und sich für eine attraktive Außendarstellung des Pflegearbeitsplatzes stark machen.
In den anderen Artikeln unserer Reihe zur Arbeitsplatz-Studie informieren wir Sie über die Methodik der Studie und die zentralen Ergebnisse. Den Endbericht des Projekts können Sie auf der Seite des BMG herunterladen.
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