In der komplexen Frage der Finanzierung häuslicher Pflege, nehmen Pflege- und Krankenkassen als Verhandlungspartner eine Schlüsselrolle ein. Regelmäßig muss jeder Pflegeanbieter mit ihnen Vergütungsverhandlungen führen. Oft verlaufen diese Verhandlungen jedoch stockend und intransparent. Ermöglicht durch die LIGA der freien Wohlfahrtspflege – Spitzenverbände im Land Brandenburg (LIGA BB) konnten wir ein Gutachten erstellen, in dem wir Gestehungskosten und Personalstrukturen ambulanter Pflegedienste analysieren. Basierend auf den Daten von über 100 Pflegediensten, haben wir so methodische Vorschläge und Orientierungswerte für den externen Vergleich entwickelt.
Eine eigene Analyse der Kostenstrukturen war notwendig, um eine valide Datenbasis für den externen Vergleich zu schaffen.
Die Brandenburger Verbände der Freien Wohlfahrtspflege führen keine Kollektivverhandlungen zur Vergütungssteigerung der ambulanten Dienste mehr durch. Stattdessen begleiten sie ihre Mitglieder eng bei Einzelverhandlungen. Um die wirtschaftliche Angemessenheit zu überprüfen, werden im Rahmen von Einzelverhandlungen die Gestehungskosten einem „externen Vergleich“ unterzogen. D. h. sie werden mit den Kosten anderer Pflegedienste der Region verglichen. In der Verhandlungspraxis zeigte sich jedoch, dass den Kranken- und Pflegekassen zwar eine interne Datenbasis für einen solchen Vergleich vorliegt, diese jedoch nicht gegenüber den Leistungserbringern transparent gemacht wird.
Insbesondere vor dem Hintergrund der allgemeinen Preissteigerungen für Energie, Lebensmittel und bei den Löhnen, sind intransparente Bewertungskriterien der Kostenträger ein großes Problem für alle Pflegedienste in den Einzelverhandlungen. Die Analyse der Kosten- und Leistungsstrukturen von Mitgliedsorganisationen der LIGA BB liefert nachvollziehbare Orientierungswerte für den externen Vergleich. Das steigert auch die Transparenz für individuelle Vergütungsvereinbarungen.
Basis der Analyse bilden die Daten von 105 Pflegediensten aus dem Jahr 2020. Das abgedeckte Spektrum unterschiedlich großer Pflegedienste ist breit: die Betriebsgrößen reichten von 6,7 bis 60 Vollzeitstellen (VK). Die mittlere Betriebsgröße (Median) liegt bei 16,8 VK (arithmetisches Mittel: 19,9 VK).
Neue Methoden für die Prüfung von Personal- und Sachkostenstrukturen könnten zu einer Verfahrenserleichterung bei den Vergütungsverhandlungen beitragen.
Das zugrunde gelegte Verhältnis von Verwaltungskräften zu operativem Pflegepersonal – der sog. Overhead-Anteil – ist ein häufiger Streitpunkt in den Pflegesatzverhandlungen. Durch Kostenträger ist für den Overhead-Anteil ein Maximalwert von 17 Prozent vorgegeben; dieser wird jedoch von einer großen Mehrheit der analysierten Pflegedienste überschritten. Die mittleren 50 Prozent der Dienste haben einen Overhead-Anteil zwischen 18 und 26 Prozent.
Zusätzlich zeigt sich auch ein Zusammenhang zwischen Betriebsgröße und Overhead-Anteil: In kleineren Pflegediensten fällt dieser deutlich höher aus. Unsere datenbasierten Modelle zur Bewertung des Overhead-Anteils tragen dieser Realität Rechnung und könnten die Vergütungsverhandlungen damit bedeutend erleichtern.
Die Handhabung von Sachkosten der Pflegedienste ist ein anderer häufiger Streitpunkt in der Verhandlungspraxis. Strenge Grenzwerte erschweren auch hier eine angemessene Refinanzierung der Aufwendungen, da z. B. strukturelle Unterschiede nicht berücksichtigt werden. Um solche Unterschiede zu berücksichtigen, sollten die Sachkostenstrukturen stattdessen zusammengefasst auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Zudem zeigen sich im Bereich der Kfz-Kosten regionale Unterschiede, die in die Vergütungsverhandlungen einfließen sollten: im kleinstädtischen und dörflichen Raum reichen die von den Kostenträgern angesetzten Maximalwerte mehrheitlich nicht aus.
Die Vergütung häuslicher Pflegedienste und Krankenpflege muss leistungsgerecht sein.
Die Vergütung ambulanter Pflegedienste muss leistungsgerecht sein und ihnen ermöglichen, ihre Aufwendungen zu finanzieren. Nur so können sie ihren Versorgungsauftrag erfüllen. Unsere Analysen schaffen Transparenz über die Personal- und Kostenstrukturen der Pflegedienste, zeigen aber auch auf, dass es aktuell eine Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Kosten der Leistungserbringer und den Grenzwerten der Kostenträger gibt. Ein Grund dafür ist, dass bisher für den externen Vergleich verhandelte und nicht tatsächlich entstandene Kosten herangezogen werden, was zu einer systematischen Unterbewertung der Datenbasis führt. Die von den Kassen genutzten regionalen Vergleichswerte werden zudem nicht veröffentlicht, was dazu führt, dass die Festlegung der Grenzwerte für die Pflegedienste oft nicht nachvollziehbar ist.
Eine Veränderung der Pflegesatzverhandlungen, hätte Vorteile für Leistungserbringer und Kostenträger:
- Höhere Transparenz,
- ein geringerer Bearbeitungsaufwand durch die Kassen und
- schnellere Verhandlungen,
- sowie die Berücksichtigung betrieblicher Realitäten und regionaler Unterschiede,
wären vielversprechende Erleichterungen für alle Verhandlungspartner.
Das ganze Gutachten finden Sie auf der Homepage der LIGA der freien Wohlfahrtspflege – Spitzenverbände im Land Brandenburg. Weitere Informationen zu Methodik und Aufbau des Gutachtens, finden Sie auf unserer Projektseite.
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