Arbeit in der Pflege wird immer anspruchsvoll und herausfordernd bleiben, doch können Arbeitgeber viel tun, um die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeitenden zu verbessern. Unsere Arbeitsplatz-Studie zeigt auf, in welchen Bereichen beruflich Pflegende Probleme im Arbeitsalltag sehen, aber auch welche Lösungen und Strategien sie sich zur Verbesserung des Arbeitsalltags wünschen. Ansatzpunkte finden sich hier beispielsweise in der Dienstplangestaltung, der Arbeitsteilung und Ablaufplanung, dem Personalmix aus Fach- und Hilfskräften, dem Führungsstil und dem Betriebsklima.
Verlässliche Dienstplanung und innovative Ansätze für Vertretungslösungen erhöhen die Vereinbarkeit
Viele beruflich Pflegende gehen davon aus, dass sich ihr Beruf grundsätzlich gut mit anderen Aspekten ihres Lebens vereinbaren lassen könnte. Leider erweist sich die Realität hier jedoch oft anders. Dienstpläne, die nicht eingehalten werden können, und ständiges Einspringen machen Privatleben und Freizeit vor allem für Vollzeitkräfte oft kaum planbar. Sie führen auch dazu, dass die Erholungszeiten zwischen Schichtwechseln nicht eingehalten werden können. So gibt es oft z. B. kaum Erholungszeiten beim Wechsel zwischen Früh- und Spätschicht.
Allein die Erwartung, möglicherweise für einen Vertretungsdienst herangezogen werden zu können, wird dabei schon als Belastung empfunden. Auch Konflikte bei der Urlaubsplanung oder die unterschiedliche Bereitschaft einzuspringen, führen zu Frustration und können das Betriebsklima belasten.
Besonders die Vereinbarkeit mit Familie und Kindern ist aus Sicht der Befragten nur in Teilzeit und mit flexiblen Arbeitszeiten möglich: Arbeiten beide Partner im Schichtdienst, funktioniert das laut den Befragten nicht. Eine Vereinbarkeit des Berufs mit Studium oder Privatleben hingegen, kann bei entsprechender Flexibilität teilweise gelingen.
Um den Arbeitsalltag und die Vereinbarkeit zu verbessern, halten die Befragten eine Erhöhung des Personalschlüssel für notwendig. Sie schlagen zudem vor, individuelle Bedürfnisse besser zu berücksichtigen und mehr Flexibilität zu ermöglichen. Dabei sind besonders solche Regelungen wichtig, die die Verlässlichkeit des Dienstplans steigern und so das Privatleben der Mitarbeitenden besser planbar machen.
Mögliche Strategien zur Verbesserung der Dienstplanung könnten sein:
- Pflegende in die Dienstplangestaltung einbeziehen, um mehr Kontrolle über die eigene Arbeitsplanung zu gewähren,
- Monats- bzw. Halbjahreszeitkonten und eine flexible Erfüllung der festgelegten Arbeitsstunden,
- Springer-Pools und systematische Einplanung von Ausfällen,
- Elternrunden,
- Zwischen- bzw. Teildienste zu Arbeitsspitzen,
- Staffelung von Schichten,
- Definierte Notfallregelungen, Prämien fürs Einspringen oder
- Rufbereitschaftspläne
Der Qualifikationsmix birgt Potenzial für Entlastung aber auch Konflikte.
Der Fachkräftemangel belastet die Befragten in allen Settings (ambulante Pflege, stationäre Langzeitpflege und Krankenhaus) am präsentesten ist er aber im Krankenhaus und der stationären Langzeitpflege. Fallen Fachkräfte weg, wird das als zusätzliche Belastung wahrgenommen. Hier kann die Einbindung von Hilfs- und Assistenzkräften in den Pflegeprozess ein wenig Abhilfe schaffen.
Diese wird von den Befragten in erster Linie als Bereicherung und Entlastung wahrgenommen – aber nur, wenn Kompetenzen und Kommunikation stimmen. Es besteht nämlich auch Konfliktpotential: So fehlt es oft an inhaltlicher Abgrenzung der Aufgaben und klar definierten Rollen. Es ist für die Befragten dabei teilweise belastend, wenn Fachkräfte die Verantwortung für durch Hilfskräfte ausgeübte Tätigkeiten übernehmen müssen. Die unklare Aufgabenteilung macht es zudem schwieriger, die Qualität der Pflege sicherzustellen. Im Krankenhaus wird der Einsatz von Hilfskräften vor allem für „Auffüllaufgaben“ als bereichernd wahrgenommen.
Pflegende wünschen sich, qualifikationsgerecht und individuell planbar eingesetzt zu werden. Die Rollen sollen klar geregelt und die Aufgabenteilung an die unterschiedlichen Qualifikationen angepasst sein – auch um die Pflegequalität sicherzustellen. Wenn Pflegende sich weiterbilden, sollte nicht nur die Vergütung steigen, sondern auch die Aufgaben entsprechend angepasst und die Selbstbestimmung erhöht werden.
Weitere Vorschläge von den befragten beruflich Pflegenden sind
- Feste Sprechzeiten für Angehörige,
- kleinere Bereiche in stationären Einrichtungen,
- mehr an Pflegepraxis orientierte Zeitvorgaben und
- größere Freiheiten bei der Pflegeplanung.
Auch eine Vereinfachung und Beschleunigung der Dokumentation z.B. durch digitale Hilfsmittel oder die Verlagerung ins Homeoffice wären denkbar.
Es braucht Pausen, Maßnahmen zur Arbeitssicherheit und Angebote zum Umgang mit Belastungen
Je nach Setting sind die Berichte und Erfahrungen der Befragten zu Pausenzeiten und Umsetzung sehr unterschiedlich. Während im ambulanten Pflegesetting Pausenzeiten häufig sehr selbstbestimmt gesetzt werden können, ist die Pausengestaltung im stationären Bereich oft von Einrichtungsspezifika, wie zum Beispiel einer Pausenablösung oder dem Vorhandensein eines Pausenraums bestimmt. Für erholsame Pausen sind Ablösungsregelungen notwendig sowie die Möglichkeit, die Pause außerhalb der Station zu verbringen.
Zudem fehlen häufig Hilfsmittel zur körperlichen Entlastung aber auch Angebote zum Umgang mit psychischen Belastungen sind oft nicht vorhanden. Das Angebot von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention wird von den Befragten durchweg als ausbaufähig wahrgenommen.
Führung und Betriebsklima sind besonders wichtig für die Arbeitsplatzzufriedenheit
Gute Führung ist ein zentraler Faktor für die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit ihrer Arbeit und für den Verbleib im Pflegeberuf. Beruflich Pflegende wünschen sich einen wertschätzenden Umgang auf Augenhöhe und bemängeln, dass Führungskräfte oft nicht aufgrund von Führungskompetenzen, sondern aus rein fachlichen Kriterien ausgewählt werden. Dabei könnten gut geschulte und gestärkte Führungskräfte Stress reduzieren. Ein hierarchischer Führungsstil wird hingegen als Belastung empfunden.
Die Befragten wünschen sich partnerschaftliche Führungsstile und die Entwicklung von Führungskompetenzen. Besonders von höheren Leitungsebenen wird mehr Präsenz und Interesse am Arbeitsalltag der beruflich Pflegenden gefordert. Als besonders wichtig empfinden Pflegende Lob und kleine Gesten des Danks im Sinne eines wertschätzenden Umgangs. Für manche charakterisiert sich dieser aber auch durch das Ernstnehmen und Berücksichtigen ihrer Bedürfnisse.
Führungskräfte selbst sind hingegen oft hohem Druck ausgesetzt – durch Personalfluktuation und Fachkräftemangel. Sie geben zudem oft an, nur eine verwaltende aber keine gestaltende Rolle einzunehmen.
Neben der Führung hat auch das Betriebsklima großen Einfluss auf den Arbeitsalltag beruflich Pflegender. Die meisten Befragten empfinden die Stimmung im Team und die allgemeine Zusammenarbeit als sehr wichtig. Gut funktionierende Teams können die Pflegequalität steigern und die wahrgenommene Ausfallquote verringern. Sie können zudem stressige und beanspruchende Situationen auffangen. Arbeitgeber können ein gutes Betriebsklima durch Angebote von Teambuildingmaßnahmen, Teamevents und ähnlichem unterstützen.
Unsere Arbeitsplatz-Studie zeigt: Auch im Handlungsfeld Arbeitsalltag können Arbeitgebende an vielen Stellschrauben drehen, um die Arbeitsplatzqualität beruflich Pflegender zu verbessern und so auch die Arbeitsplatzattraktivität zu erhöhen. Dazu gehören u. a. verlässliche Dienstplanung, gute Führung und die Bereitstellung von Hilfsmitteln und digitalen Tools. Werden die Bedürfnisse beruflich Pflegender in der Gestaltung des Arbeitsalltags berücksichtigt, kann das dazu beitragen, den Pflege-Exit und die Abwanderung in die Zeitarbeit zu verhindern.
Bisher auf diesem Blog zur Arbeitsplatz-Studie erschienen:
- IEGUS identifiziert drei Entwicklungsfelder für die Arbeitsplatzqualität in der Pflege
- „Das war eine ganze Palette an Methoden […]“
- Eine besseres Image des Pflegeberufs kann die Arbeitsplatzqualität erhöhen
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